...:::dramagraz:::...
Erlauben
bitte:
Ich
Die Österreichische Seele als
Heurigenabend
Eine
Szenische Hommage an H. C. Artmann und Hans Moser
mit
Rudi Widerhofer
und
Lukas Goldschmidt an der Hammond-Orgel
Inszenierung
- Ernst M. Binder
Musikalische
Leitung - Lukas Goldschmidt
Dramaturgie
- Roman Freigassner
Ausstattung
- Carlos Schiffmann
24
September 2005, Graz, TaO - BEST OF STYRIA, Das Festival der
Freien Theater
Co-Produktion
dramagraz
und Theater
Rabenhof,
Wien in Zusammenarbeit mit dem
Literaturhaus Graz
Die
poetische Lebensgeschichte des sprachtrunkenen Bonvivants und
das verklärte
Dienstmann-Dasein des beliebtesten Nuschlers der Nation als
Spiegel der
österreichischen Seele. Eine Hommage an die „Gute Alte Zeit“,
die es nie gegeben hat…“
Eine Anekdote
besagt, dass 1936 der damals 15-jährige
Hans Carl Artmann einmal Hans Moser vor dem Hotel Sacher in Wien
getroffen,
und ihn um ein Autogramm gebeten habe. Der damals auf dem
Höhepunkt
seiner Laufbahn stehende Schauspieler, der gerade bei der
Wien-Premiere
des Films DAS GÄSSCHEN ZUM PARADIES für seine Rolle als Martin
Fric gefeiert wurde, war sichtlich gerührt von dem schmächtigen
Buben in seinen kurzen Hosen. Und weil der ihm grad so
ausgemergelt aussah,
fragte er ihn, ob er hungrig sei. Artmann bejahte die Frage,
obwohl er
eigentlich nicht richtig hungrig war. Er war damals als
Büropraktikant
tätig und flanierte in seiner Freizeit gerne durch die Wiener
Innenstadt,
ohne sich freilich die Köstlichkeiten, die die Konditoreien und
Zuckerbäckereien
boten, leisten zu können. "Na also", soll Moser erwidert
haben, "dann tragst mir die Koffer auf mein Zimmer, und bekommst
dann nicht nur ein Autogramm, sondern verdienst auch ein paar
Groschen."
Hans Moser deutete
dem Pagen, der gerade sein Gepäck auf ein Wägelchen
verladen wollte, der solle das gefälligst bleiben lassen.
Während
Artmann – ein wenig wie der Filmstar im Film HALLO DIENSTMANN
selbst
– den Koffer schulterte, verscheuchte Moser das Personal, das
dienstbeflissen
um ihn herumwieselte. Um dann im Gefolge des nicht viel
größeren,
aber natürlich im Vergleich zu ihm fülligeren berühmten
Gastes das Hotel zu betreten. Argwöhnlich verfolgten die
Angestellten
– allesamt livriert und etwas pikiert dreinschauend - das
ungewöhnliche
Geschehen. Zu widersprechen getraute sich dem allseits beliebten
Volksschauspieler
natürlich niemand. In der Suite bekam Artmann dann die Groschen,
eine Autogrammkarte und ein Schulterklopfen und den guten Rat:
"Bist
ein braver Junge. Nur weiter so!"
Böse Zungen
behaupten allerdings, dass Moser ihm diesen Gefallen
nicht aus Menschenfreundlichkeit machte, sondern weil er einem
Hoteldiener
mindestens das dreifache des Trinkgeldes hätte geben müssen.
In der Produktion ERLAUBEN BITTE: ICH vereint
sie das Schicksal in der Figur des Oberkellners HERR RUDI,
gespielt von
Rudi Widerhofer, der zuletzt in Wien in der Rolle des Jack
Unterweger
im Stück "Black Jack" von Franzobel zu sehen war.
Ernst M. Binders Dramatisierung von Artmanns
"Nachrichten aus Nord
und Süd" erzählt die poetische Lebensgeschichte des H.C.
Artmann, der in seinem inneren Monolog an seine sehr private
Vergangenheit
erinnert. Zusammen mit dem verklärten Dienstmann-Dasein des
beliebten
Volksschauspielers Hans Moser bildet sie den Rahmen einer
Heurigen-Retro-Erinnerungsshow.
Die Fiktion eines bloß auf Zelluloid gelebten
Lebens und eine wahre
Lebensgeschichte als literarische Vergangenheitsbeschreibung
erfüllen
hier nahezu den Tatbestand einer wundersamen Paradoxie:
atemberaubend
von seinem eigenen Leben zu berichten und gleichzeitig von einem
Dasein
in einer längst entschwundenen Wiener Welt zu schwärmen, die
es freilich nie gab.
Ernst M. Binder, August 2004
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