Österreichische
Erstaufführung:
16.
Jänner 2006, Graz, Dom im Berg
Weitere
Vorstellung:
17., 18.,
19., 20., 21., 24. Jänner 2006
>egal wer Anita
Gramser
>inszenierung
Ernst M. Binder
>ausstattung
Carlos Schiffmann
>dramaturgie
Alexandra Rollett
>licht
& einrichtung Geari Schreilechner
Kartenvorbestellungen +43.316.26 22 42
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Schon für das Wiener Volkstheater hat Elfriede Jelinek 1999
einen Epilog zur Leseaufführung von WOLKEN.HEIM geschrieben. Ein
Nachwort zu dieser Textlandschaft "Deutschheit", in dem die
Nobelpreisträgerin Dichter und Philosophen wie Novalis, Kleist, Fichte,
Hegel und Heidegger, aber auch aus den Briefen der RAF zitiert und in
dem sich die deutsche Dichtersprache selbst inszeniert. Für Peymanns
Aufführung am Berliner Ensemble im Februar 2005 hat Jelinek nun
ebenfalls einen kommentierenden Epilog geschrieben: Hier kommen nicht
die großen Heroen deutscher Nation, hier wird die liberale Weltsicht
kommentiert, und darf sich als Gedankenmüll entlarven, der durchaus von
den Müllhalden der Nazi-Zeit stammen könnte. Die Dichterin als
Kassandra, in deren Prophezeiungen die Schöne Neue Welt der New
Economy als postfaschistoide Heilsarmee - Heuschreckenschwärmen gleich -
jegliches individuelle Mensch-Sein zernichtet.
"Ja, jetzt wirklich allein. Da ist ja jemand, aber wir
sind allein mit uns. Entsetzlich. Wir sind wir. Dabei sind doch wir
nicht einmal ich. Aber dafür endlich daheim. Wir bewerben uns und
schreiben uns auf einen Zettel. Wir schreiben auf, wo wir wohnen.
Irgendwo. Egal." (Elfriede Jelinek - Und dann nach Hause)
In der Inszenierung von Ernst M. Binder (WOLKE DREI, 24.
April 2005, Mülheim / Ruhr) trifft der jugendliche Globalisierungsgegner
auf den Alten Mann. Der Ort der Begegnung ist Irgendwo, die Zeit hat
keine Zukunft mehr, die Handlung ist beliebig. Life-Style pur: da gilt
es nun, einen Turm aus Büchern als Zeichen in eine sinnentleerte
Landschaft zu stellen. Die Bühne ist in 3 Ebenen unterteilt. Unten
könnte der Keller sein, in den EGAL, WER immer wieder steigt, um nach
den Leichen zu graben. Im Wohnzimmer lebte es sich gemütlich mit Laptop,
MP3 und positiver Energie. Und gäbe es da nicht die Zimmerdecke,
könnten die bunten Luftballons gar in den Himmel entschweben. Die Bücher
werden auf das Dach gebracht, um frische Luft zu atmen und die Gedanken
dem Leben auszusetzen. Noch ist das Haus nur Baugerüst. Der ALTE MANN
lauscht den Lamentos der Dichter. Der Mond ist eine Küchenlampe, und der
Tod ist kein Meister aus Deutschland mehr, sondern die Flüchtigkeit des
Daseins, in dem nur mehr WIR als Mensch und SONST NICHTS wahrgenommen
werden wird.
"Und wenn doch, wider jede Vernunft, etwas, das gar
nicht angekommen ist, doch ein wenig bleiben möchte, dann ist dafür das,
was bleibt, das Flüchtigste, die Sprache, verschwunden. Sie hat auf ein
neues Stellenangebot geantwortet. Was bleiben soll, ist immer fort. Es
ist jedenfalls nicht da. Was bleibt einem also übrig." (Elfriede Jelinek
- Und dann nach Hause)
Für die Österreichische Erstaufführung erarbeitet der
Regisseur und Künstlerische Leiter von dramagraz eine neue Fassung, die
auf speziell österreichische Verhältnisse eingehen wird. Aus diesem
Grund wird die Rolle des/der EGAL WER auch neu besetzt: mit der in
Österreich geborenen und nun in Hamburg lebenden Schauspielerin Anita
Gramser.
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