In ihrer gemeinsam mit
den Musikern der Gruppe nebenraum
(Kurt Bauer - violine, Stefan Bauer - sounddesign, Richard Winkler -
composition, reeds) entwickelten audiovisuellen Rauminstallation spürt Claudia Paulin den Verfügbarkeiten des
Individuums Mensch nach. Das Ich und seine Grenzen - einerseits
hinsichtlich seiner subjektiven Wahrnehmungs- und Erlebenssphäre,
andererseits im Kontext realgesellschaftlicher Normen und biologischer
Determinanten - bilden den Ausgangspunkt für die miteinander
korrespondierenden, interagierenden Raum- und Klangbilder.
Die Ausstellung ist Teil des
Projekts PIvot – the genetic code of human being, an dem das Theater
dramagraz seit 2004 arbeitet. Der Pivot(Point) - Drehpunkt in der
Computer-Graphik und 3D-Animation - steht in dieser interdisziplinären
Veranstaltungsreihe für das Individuum Mensch, das sich, um nicht ewig
identitätslos um die eigenen Achsen rotieren zu müssen, zu einer Suche
nach den Wurzeln der menschlichen Existenz aufmacht.
„same – über
die verfügbarkeit“ thematisiert den „pivot-point“ als Blinden Fleck,
verwendet ihn als Chiffre für Moment und Ort des Kontrollverlustes, an
dem das eigenständige Individuum zum Massenmenschen, das sensual
berührbare und emotional agierende Subjekt zur funktionellen Variabel
ökonomischer und soziologischer Strukturen wird, zeigt ihn aber auch als
jenen rational nicht erfassbaren Augenblick, an dem Aggregate aus
Membranstrukturen und biochemischen Verbindungen die Möglichkeit zu
Leben und Er-Leben generieren.
Das oszillierende Gefüge der
Klangkompositionen von nebenraum und Paulins Objektinstallationen aus
Wachs, Erde, Ornamentfliesen und Mohn bietet dem Besucher die
Möglichkeit, seinen eigenen Blinden Fleck auszuloten. Er wird zum Jäger,
Erforscher und Sammler individuell erfahrener Schöpfungsmechanismen,
die seine eigenen Verfügbarkeiten aufzeigen und sie gleichzeitig in
Frage stellen.
>Claudia
Paulin, geb. 1976,
lebt und arbeitet in Graz. Ausbildung an der Meisterschule für Kunst und
Design (Malerei), Graz und an der Akademie der Bildenden Künste, Wien
bei Anton Lehmden, Rénee Green und Hubert Schmalix (Diplom 2002).
Ausstellungen: >podarok (forum stadtpark,
Graz 2005 im Rahmen von „Die Szene sind wir“);
>totentanz 1 (in Zusammenarbeit mit
dramagraz; Augarten, Wien 2005; Sargfabrik, Wien 2005; Priesterseminar,
Graz 2005, ESC, Graz 2004); >Brasilien (Kupferstichkabinett, Wien
1999, Gruppenausstellung der Meisterklasse Prof. Schmalix);
>Anlässlich der Einführung des Gedenktages zur Befreiung Mauthausens
(Jugendstiltheater, Baumgartnerhöhe, Wien 1998), >Vier Meisterschulen
für Malerei (Parlament, Wien 1997)
Theaterarbeiten für dramagraz; Theater
Phönix, Linz; k.l.a.s, Heunburg; schaubühne Graz
Illustrationen
und Covergestaltung für Triton-Verlag, Wien und diverse Kinderbücher
>nebenraum (Kurt Bauer >violin; Stefan Bauer
>sound, noises; Richard Winkler >reeds) beschäftigen sich in ihren
oft interdisziplinären und performativen Arbeiten mit Ordnungs- und
Organisationsstrukturen akustischer Phänomene. Lineare, entropiearme
Systeme der Rhythmus- und Melodiefindung, wie sie in populärer und
traditioneller Musik auftreten, werden einer fraktalen, auf
Wahrscheinlichkeit beruhenden Klangerzeugung gegenübergestellt. Die
Unberechenbarkeit natürlicher Tonträger und -generatoren, die
Rückkoppelungen und das Rauschen maschineller Komponenten, also jene
Nicht-Informationen, die im Normalfall zu Dysfunktion der Kommunikation
mit dem Publikum bzw. der Musiker untereinander führt, werden zu
wesentlichen Bestandteilen der Soundkompositionen.
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