Eingerichtet von Ernst Marianne Binder
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Inszenierung/Raum: Ernst Marianne Binder
Ausstattung: Vibeke Andersen
Licht: Geari Schreilechner
Technik/Assistenz: Christoph Trummer
Produktion: Andrea Speetgens
Technische Leitung: Geari Schreilechner
URAUFFÜHRUNG
19. Oktober 2015 dramagraz
Weitere Vorstellungen in Graz:
21., 22., 23., 28., 29., 30. Oktober 2015
18., 19., 21., 25., 26., 27., 28. November 2012, jeweils 20:00
WIEN PREMIERE
10. November 2015 echoraum
Sechshauser Straße 66
1150 Wien
Weitere Vorstellungen in Wien:
11., 12., 13., 14. November 2015, jeweils 20:00
Eine Kooperation von
dramagraz und echoraum Wien
Herzlichen Dank an die Kinder im Interkulturellen Bildungsgarten
in Graz und dem Hort der Stadtgemeinde Bad Leonfelden/Oberösterreich
für die bunten, fantasievollen Blumenbilder.
© Alle Rechte Suhrkamp Verlag, Berlin
Aufführungsdauer: 65 min
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Nie werde ich mit mir fertig. Nie höre ich auf zu werden. Nie würde ich mich für immer durchdacht haben. | |
In "Kindergeschichte" erzählt Peter Handke die ersten zehn Jahre im Leben eines Kindes und die Geschichte der ihm zugehörigen Erwachsenen. Weit entfernt von jeder Verharmlosung, aber auch aller pädagogischen Intention, nimmt der Erzähler dem Kind (und den Kindern) gegenüber die Haltung eines Geschichtsschreibers ein. "Als dem Erwachsenen durch die Trennglasscheibe das Kind gezeigt wurde", heißt es einmal im Text, "erblickte er da kein Neugeborenes, sondern einen vollkommenen Menschen. (Nur auf dem Photo war es dann das übliche Säuglingsgesicht.) Dass es ein Mädchen war, war ihm sofort recht; doch im anderen Fall - das wusste er später - wäre es die gleiche Freude gewesen. Hinter dem Glas wurde ihm nicht eine 'Tochter' entgegengehalten, oder gar ein 'Nachkomme', sondern ein Kind. Der Gedanke des Mannes war: Es ist zufrieden. Es ist gern auf der Welt." "Es ist, als müsste ich mich in meinen Erinnerungen immer wieder unter Anführungszeichen setzen", lässt Peter Handke seinen Protagonisten in seinem Roman "Mein Jahr in der Niemandsbucht" sagen. Das waren auch meine Überlegungen, diesen sehr persönlichen Text des Dichters im Theater sprechen zu lassen. Die Stimme als Ereignis, die uns dazu verführen soll, in uns hineinzuhören. Nichts sonst. Kein Gehüpfe und kein Video. Eine kurze Erinnerungsmusik. Die Sprache als Entäußerung, schlicht und unprätentiös. Wir sehen einen alten Mann, der sich erinnert. Er erzählt nicht nur eine Geschichte vom Kindsein, sondern auch eine Geschichte über das Mensch-Werden. Er berichtet vom Aufwachsen eines Kindes mit dessen Vater und verführt uns dazu, uns selbst zu erinnern. Peter Handke repetiert und variiert sein Leben, seine Einsichten und seine Biographie fast monomanisch und beschreibt dennoch die Spirale immer enger, zwanghafter und gleichzeitig sprachlich immer genauer. "Der Gedanke an ein Kind war so selbstverständlich", lässt er sich im Text selber denken, und man spürt die tiefe Erleichterung in diesen Worten, dem Leben doch einmal so nahe gekommen zu sein. (Ernst Marianne Binder) | |
Wer sagt denn, dass die Welt schon entdeckt ist? | |
"Kindergeschichte" ist der dritte Teil eines ursprünglich unter dem Arbeitstitel "Ins tiefe Österreich" konzipierten Schreibprojekts. Der Text schließt inhaltlich an "Die Lehre der Sainte-Victoire" an, die mit den fragenden Worten endet: "Zu Hause das Augenpaar?" Mit diesem Schlusssatz ist ein Bezug auf das (namenlose) Kind hergestellt, dessen "strahlendes Augenpaar" dann den Mittelpunkt von "Kindergeschichte" bildet. Der in Salzburg verfasste Text verweist wesentlich auf den Zeitraum von 1969 bis 1979, den Handke zusammen mit seiner Tochter Amina bis 1973 in Deutschland (Kronberg) und danach in Frankreich (Paris) verbrachte, ehe er zusammen mit ihr im August 1979 dauerhaft nach Salzburg übersiedelte. | |
wurde am 6. Dezember 1942 in Griffen (Kärnten) geboren und ist ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und Übersetzer und einer der bekanntesten zeitgenössischen österreichischen Autoren. Nach seiner Kritik der Sprach- und Bewusstseinsschablonen befasste sich Handke vor allem mit der Entfremdung zwischen Subjekt und Umwelt. Frühwerke wie "Publikumsbeschimpfung" und "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" machten ihn in den späten 1960er Jahren schlagartig bekannt. Im November 1973 zog er mit seiner Tochter Amina nach Paris ins Quartier Auteuil am Boulevard Montmorency, wechselte 1976 nach Clamart im Südwesten von Paris und blieb dort bis 1978 wohnhaft. Diese Zeit fasste er in der sehr autobiografischen Erzählung "Kindergeschichte" zusammen, die 1981 erschienen ist. Im Sommer 1990 erwarb Peter Handke ein Haus in Chaville südwestlich von Paris, wo er bis heute lebt. | |
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