(WAS HÄNGT DAS LEBEN TIEF WIE NEBEL ÜBERM) | |
Von Ernst Marianne Binder
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JOSEF: Rudi Widerhofer
MARIE: Ninja Reichert
ANDRES: Phillip Kramer
MUTTER: Werner Halbedl
TSCHUSCHENKIND: Monica Reyes
Inszenierung / Raum: Ernst Marianne Binder
Musik: Katharina Klement
Ausstattung: Vibeke Andersen
Licht / Sound: Geari Schreilechner
Bühnenmeister: Andreas Platzer
Ton: Andreas Thaler
Assistenz: Katharina Scheicher
Produktionsleitung: Andrea Speetgens
Technische Leitung: Geari Schreilechner
Abendspielleitung: Katharina Scheicher
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Co-Produktion mit echoraum, Wien
© Alle Rechte beim Autor
URAUFFÜHRUNG: 19. Februar 2010, 20:00, dramagraz
Weitere Vorstellungen: 20., 24., 25., 26., 27. Februar 2010, 20:00, dramagraz
3., 4., 5., 6. März 2010, 20:00, dramagraz
WIEN: 10., 11., 12., 13. März 2010, 20:00, echoraum
MÜNCHEN: 13., 15., 16., 17. April 2010, 20:00, PATHOS transport theater
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Was macht der Krieg mit uns? Gibt es ihn eigentlich noch? Er scheint so fern,
obwohl er erst kürzlich vor unserer Haustüre gewütet hat. Diesen Fragen geht
Ernst Binder in seinem neuesten Theaterstück (WAS HÄNGT DAS LEBEN TIEF
WIE NEBEL ÜBERM) KUKURUZ nach. Ausgehend von Platos "Nur die Toten
haben das Ende des Krieges gesehen" entwickelt Binder ein Passionsspiel über
Nicht-Leben-Wollen und Nicht-Sterben-Können. "Deine Augen. In mich
reing'schaut wie in einen Abgrund. So was von einem Staunen. Nackt vor Liebe du
bist dann vor mir. Still. Mein Herz in dein Leib geritzt", heißt es da ganz am Anfang
des Stückes. Und soll uns daran erinnern, dass die Geschichte des Krieges nicht
von AUSSEN, sondern von INNEN erzählt werden muss. Tief aus einem Innern,
das die Verwundungen birgt, die Menschen zeit ihres Bestehens sich und anderen
zugefügt haben. Dass alles Unglück von Liebe durchdrungen wird, mag das Leben
nicht erträglicher machen. Dennoch gibt es am Ende so etwas wie eine
versöhnliche Hoffnung, wenn Marie zu Josef sagt: Ich werd in meine Lieb zu dir
hineinsterben. Und dass ich sterb mit dir. Und dass wir zusammen über die Welt
hinwegsterben. Ein einziges Sterben. Ineinander sterben die ganzen Leben lang,
die uns noch bleiben.
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DER KRIEG, DIE ERBSÜNDE, VON DER ES KEINE ERLÖSUNG GIBT | |
Notizen zu Ernst Marianne Binders Stück "(Was hängt das Leben tief wie Nebel überm) Kukuruz". Von Josef Vuk | |
Die Toten sind nicht tot, die Lebenden leben nicht, sie können nicht sterben, sie
können nicht leben. Der Krieg hat alles zerstört. Hat ihnen das Leben genommen,
auch den Überlebenden. Der Krieg ist allgegenwärtig in Ernst Marianne Binders
neuem Stück "(Was hängt das Leben tief wie Nebel überm) Kukuruz", das in einer
archaischen Sprache scheinbar zeitlos genau so gut nach dem Dreißigjährigen
Krieg wie nach dem zweiten Weltkrieg oder nach dem Balkankrieg angesiedelt
sein könnte. Der Krieg kommt in der Gestalt des Josef, der aus dem Krieg kommt.
Nicht tot und nicht lebend bringt er die Zerstörung aus dem Krieg mit, bis ihm nur
ein Ausweg bleibt: sich zu erhängen. Ein Ende, so qualvoll wie seine Existenz.
Qualvoll für ihn, für seine Frau Marie, seinen Freund und zugleich Nebenbuhler
Andres und für die Mutter. Nur die beiden russischen Kriegsgefangenen im
Gefolge der Mutter scheinen dem Leid ein bisschen entrückt, und das
Tschuschenkind ist so etwas wie eine Lichtgestalt in dieser Düsternis. So tief, wie
der Nebel überm Kukuruz hängt, ist diese Tiefebene menschlicher Bedrängnis, ein
Niemandsland der unmenschlichen Menschlichkeit, wo die Menschen nicht mehr
Mensch sein können. Da gibt es auch keinen Gott, den man anrufen, anflehen
könnte in diesem Jammertal, das mit der Geburt begonnen hat. Er wollt nicht raus,
aus dem Mutterleib, lässt Binder den Josef sagen und die Mutter später ergänzen:
"Wenn wir’s wüssten, würden wir erst gar nicht raus. Lieber drin verfaulen." Aber
sie hat die Beine breit gemacht, um ein Kind zu empfangen und zu gebären, weil
man nicht anders kann. Da bleibt nicht einmal die Hoffnung, dass die Zukunft
besser wird, weil sie von besseren Menschen bewohnt wird. Der Krieg ist die
Erbsünde, von der es keine Erlösung gibt. Schonungslos konfrontiert Binder mit
dieser Erkenntnis, gibt nicht vor, einen Erlöser, einen Gott oder einen Godot zu
kennen, auf den zu warten es sich lohnt.
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